Ein Satz eine Woche Challenge auf Insta #21

Interview mit einer Milliardärin.

Ich joggte meine tägliche Runde am Rande des Parkes. Laut den Daten der Smartwatch war es ein gutes Training. Leider lief ich immer früher los, um den Sonnenuntergang zu erwischen. Doch bis dahin hatte ich weitere zwei Kilometer und das bergan. Die Lampe auf der Stirn musste ganze Arbeit leisten. Der Dunst wurde jeden Abend dichter. Ich trat auf einen Apfel oder so. Es knackte unter dem Schuh und etwas rollte ins Gras neben dem Weg. Das Gewicht war verrutscht und ich hielt an. Es drückte gegen den Knöchel.
»Hey?« Quiekte eine schmerzhaft hohe Stimme, bevor ein Körper an mir vorbeischrammte. Der Stoß war leicht und doch brachte er mich genug aus dem Gleichgewicht. Es blieb mir nur zu fallen oder vorwärts zu stolpern. Instinktiv vollführte ich einen missglückten Ausfallschritt. Sie hackte sich unter und fing den Sturz ab. »Es tut mir leid. Was versteckst Du dich im Nebel. Niemand sah dich dort.« Kurz blickte ich mich um. Wir waren allein. »Du und wer noch?« Verschiedene Gefühle rauschten durch ihre Mimik. Dann hatte sie es im Griff und lächelte unschuldig, »Wäre jemand hier, ginge es ihm wie mir.« Darauf verzog ich den Mund. Meinte sie das ernst?
»Okay es war zum Teil mein Fehler. Das Eichhörnchen hat mich abgelenkt. Erlaubst Du mir, es mit einem Kaffee wieder gut zu machen?« Mit einem Nicken nahm ich ihr Angebot an. Sie ließ ihren Arm eingehakt. So zog sie mich mit. »Ich wohne gleich da hinten.« Ihr Finger zeigte grob geradeaus. Was lustig aussah, da der Arm eben unter meinem durch reichte. »Vorher möchte ich noch über den Berg und den Sonnenuntergang sehen.« – »Ach wie süß.« Diese drei kleinen Worte sprach sie so einfühlsam, dass ich mir nicht wie ein totaler Versager vorkam. Diese Frau gefiel mir.
Langsam schritten wir die Anhöhe empor. Die Bank, zu der sie uns führte, ist mir vorher nie aufgefallen. Wir saßen eng neben ein ander, da färbte der Horizont sich pink. Glut rot versank der Ball. Einige wenige Wolken perfektionierten das Farbenspiel. Das Lila der letzten Strahlen spiegelte in ihren Augen. »Hast du mich wirklich unabsichtlich gestoßen?« Es platzte heraus. Damit widmete sie mir die volle Aufmerksamkeit. »Möglich! Ohne meinen Anwalt…« Sie überließ es mir, den Satz selbst zu beenden. Auf den Mund ist sie nicht gefallen.
Ihre Augenfarbe konnte ich nicht erraten. Sie stand kommentarlos auf und hielt mir die Finger hin. »Das mit dem Kaffee steht noch.« Es dauerte lang, bis ich reagierte. Dann ergriff ich den Jackpot, der mir serviert wurde. Hand in Hand kehrten wir durch den Park in die Realität zurück. Wenige Minuten später stand ich in einer noblen Lobby. Der Portier schien uns überhaupt nicht zu registrieren. Wir steuerten einen Aufzug an und dieser brachte uns ins Penthaus.
Verstohlen betrachtete ich sie das erste Mal im hellen Fahrstuhllicht. Ihre Augen waren rot. Das ermöglichten nur Linsen. Es passte perfekt zu ihrem Outfit, das aber nicht um diese Zeit in den Park. Zu diesem Gebäude hingegen verhielt es sich anders. Umso weniger begriff ich, was hier lief. Die Situation überforderte mich. War ich im falschen Film? Was erwartete uns, sobald der Fahrstuhl hielt? Ein Bing zeigte, jene Frage würde jeden Moment geklärt.
Leise schoben sich die Türen auseinander. Die Spannung war zum Schneiden. Der erste Blick verriet eine Menge Luxus ohne eine Gefahr. Trotz des immer breiteren Spaltes, ging es mir nicht besser. So etwas passierte doch einem Normalbürger wie mir nicht.
Nach dem Schritt aus der Kabine stand ich einem schwarzen Panter gegenüber. Seine blauen Augen strahlten mehr Dunkelheit aus als sämtliche braunen Augen, in die ich bisher gesehen hatte. Dazu waren sie leblos und kalt. Die Skulptur kostete, so detailliert wie sie gearbeitet war. Hypnotisiert stand ich dieser Raubkatze gegenüber. Die Reißzähne schimmerten leicht. Ob diese aus Edelsteinen gefertigt sind? Es zuckte in meinem rechten Zeigefinger, diese zu berühren. Ich hielt ihn zurück.
»Laura, friss ihn nicht!« Sie strich der Skulptur über den Kopf. »Betrachte dein Leben hiermit gerettet.« Ihr Grinsen wirkte schelmisch.