Ein Satz eine Woche Challenge auf Insta #20 [KIDS]

Zwischen Fortnite und Minecraft muss doch noch was sein?


»Wein, wein, wein deine Tränen doch allein!« Der Song hämmert durch die Wand. Der kurze Schock lässt den Finger von der Taste rutschen. Ein Schuss ertönt und da, wo gerade die Spielfigur stand, blinkt mich ein #2 an. Ich schiebe Maus und Tastatur von mir, werfe das Headset auf das Kissen und kralle die Fingernägel in die Tischkante. »Tief einatmen … Pause … ausatmen« höre ich mein Teammate dumpf. Die Zähne knirschen.
Etwas gechillter lief ich in die Küche. »Mama riechst du das?« – »Mach dir und deiner Schwester was zu Essen, wenn der Hunger dich herbringt.« – »So hungrig bin ich gar nicht.« Sie stand mit dem Rücken zu mir. Ich nahm nur eine Sprite aus dem Kühlschrank. Doch meine Flucht misslang. »Nicht so schnell. Wer zu erst kommt …« Sie ließ den Rest in der Luft hängen. Deshalb steckte ich den Kopf wieder in die Kühlung. »Mama, ich hab ihn weggemäht. Leo macht diese Woche den Abwasch für mich.« Ein Klatschen folgte. Meine Mom hatte sich mit ihr verbündet. »Es ist wirklich schwer, in diesem Haushalt nicht zu menstruieren.« – »Mom, er erzählt dem Käse schon wieder sexistischen Mist.«
Meine Augen zogen sich von ganz allein zusammen und fokussierten die #1 Tasse auf der Arbeitsplatte. Wenn die aus Versehen? Nein das brachte ich nicht über mich. »Sie hat er wieder beschissen. War nicht in der Zone und als ich den Turm sah, wurde ich weg gesnippert. Dazu hat ihre Mucke abgelenkt.« – »Leo, sei kein schlechter Verlierer und mach Essen!«
»Mom!« Der Protest blieb mit im Hals stecken, als sich das Foto in meinen Blick schob. Sie stand mit ihrem Avatar auf dem Turm mit 7 Medikits und der Snipe im Anschlag. Vor ihr der Sturm meine Tarnung und das Fadenkreuz. »Mieser Fillter!«, grunze ich mehr. »Willst du eine Revanche? Hmmm … um das Staubsaugen?«
Mit der Box voller Gemüse drehe ich mich zu ihr um. »Plot Twist«, sagte sie. Ihre Lippen verzogen sich zu einer schmalen Linie und ihre Finger wanderten meinem Körper hinab. »Das gute Mädchen ist nach all dieser Zeit nicht mehr so gut.« – »Pah du warst nie das gute Mädchen.« Sie setzte mir den Zeigefinger an die Mitte der Stirn und betätigt mit dem Mittelfinger den gedachten Abzug. »Piu!«
»Clara, reicht es nicht, dass ihr nicht mehr mit diesen Bauklötzen spielt und euch virtuell abschießt? Ich brauch das nicht in meiner Küche.« Das liebe Schwesterchen wirkte in ihrem Freudentaumel etwas geknickt. Der eine Mundwinkel zuckte nach oben. Diese Freude schmeckte bitter. »Darf ich mal?« Schob ich sie sanft von der Arbeitsplatte weg.
»Mom, bekommen böse Mädchen auch was zu essen?« – »Jein, also meine Kinder schon.« Mit ihr zu verhandeln, gegen Clara, keine Chance. Ich ließ die Blicke zwischen beiden Gesichtern hin und her huschen. Enttäuscht stellte ich die Box neben den Herd. »Leo, sei kein schlechter Verlierer und mach Essen!«, imitierte sie Mom. »Was deine Schwester sagt. Hopp Hopp! Du weißt, wenn sie hungert, wird sie unleidlich.« – »Wenn ich verliere, habe ich auch kein Recht auf unleidlich sein. Menno!«
»Mom er kocht nicht. Lass ihn damit bloß nicht durchkommen. Das ist eine miese Taktik. Er spielt mit mir Hungergames.« – »Drama« hust »queen« hust hust »Leo verkneif es dir doch besser!«, tadelt sie mich.
Alle Wut bekam das Gemüse ab. Am liebsten hätte ich rein gespuckt, aber hatte selbst ziemlichen Hunger. Die beide setzten sich an den Esstisch und tuschelten. So langsam hasste ich diese Ferien und vermisste Dad. Da erschien es mir angenehmer ohne Interenet an einem Gewässer die Schwimmer der Angel zu beobachten, als… Der Gedanke gefiel mir doch nicht so gut. Geduld war keine meiner Tugenden. Was der Fehler sein konnte, der Carla mich immer wieder besiegen ließ.
Im Anrichten der Teller fand ich neben den Kräutern für die Deko, die Chilisauce von Dad. Diese goss ich reichlich unter mein Schnitzel. Wenn es nach Plan lief, würde das Gericht die Rache darstellen. Ich musste hämisch grinsen, damit der Trick gelang. Ich brachte erst Moms Essen und dann die beiden für uns. Zum Schluss holte ich die Salate. Das Lächeln wurde breiter, als Teller hinter mir verschoben wurden. Sie hielt mich für dümmer oder gemeiner. Sicherheitshalber nahm ich mir ein blickdichtes Glas mit Deckel, um es mit Milch zu füllen. So fies war ich nicht. Ein weiteres Schnitzel lag breit. Solang ich nicht aß, würde sie sich weigern.
»Du Arsch« – »Carla, was bitte?« Ihr Kopf war knallrot. »Der Drache spuckt bestimmt gleich Feuer.« Der Blick meiner Mom war göttlich. Trotzdem schob ich das Glas über den Tisch. »Das ist Milch, trink!« Der Versuch einer Rettung würde mir nicht mildernd ausgelegt. Das erkannte ich in beiden Gesichtern. »Jetzt ist das Mädchen richtig böse.« Mom reagierte mit ihrem berühmten Zeigefinger. Der Bissen blieb mir im Hals stecken.