Ein Satz eine Woche Challenge auf Insta #19

»Wo bleibt da noch Zeit mich zu vermissen?« Wieder und wieder ging sie die Frage ihres Bruders durch. Er hatte keine Ahnung. Es sind über zwei Jahre, die sie in dauernder Angst lebte. Diese Treffen gönnte sie sich nur jeden zweiten Monat und doch schwamm die Panik vorne mit. Sie vermochte nicht zu leben, ohne ihren Rest Familie zu sehen. Das wog mehr. Die Zweifel auf dem Heimweg waren immer dieselben.
Sie mochte den Herbst und Sonnenaufgänge bei Nebel. Doch während die ersten Straßenlaternen flimmernd erwachten, wurde ihr unwohl. Sie krümmte sich leicht zusammen und stütze sich an einem Straßenpoller ab. Es schmerzte wie ein Tritt in den Bauch. Der Film lief erneut vor ihrem Inneren ab. Die Sirenen, das rot-blaue Geblinke, welches ihr schon entgegen kam, in jener Nacht. Ihr Bruder, der sofort auf sie zu stürzte. Desen aufgelöste Haltung und die Trauer die sein Gesicht zeichnete. Jetzt erst erkannte sie ihren Ex. Der stand eben zwei Eingänge vor der Kurve. Trotz seiner tief herabgezogenen Kapuze, sie hatte ihn identifiziert, zu spät. Sein Duft, seine Statur und seine Bewegungen hatten ihn verraten. Doch als sie zurückgerannt war, blockierten die ankommenden Leichenwagen ihre Sicht.
Der Moment als sie begriff, was ihr Bruder die ganze Zeit unter den Tränen zu sagen versuchte. Ihre Eltern waren tot. Selbstverständlich gab sie sich die Schuld. Schon weil sie diesen Kerl angeschleppt hatte. Er war ein Charmeur aus dem Bilderbuch und der Sex war galaktisch. Das wog nicht auf, was seit der Trennung ablief. Sie war im Zeugenschutz und noch immer kämpfte sie mit den Szenen von damals. Man verbat ihr, sich mit Menschen aus der Vergangenheit zu treffen. Doch sie war zu clever, um sich dauernd beschatten zu lassen. Mittlerweile wurde sie ziehen gelassen. Der eine Bodyguard war süß. Er hatte sie über 5 Blocks und 3 Verkehrsmittel verfolgt, um mit ihr einen Kaffee zu trinken. Er hatte ihr zum Abschied einen Pieper geschenkt. Den sie noch heute immer griffbereit hielt. So spürte sie seinen Schutz um sich.
Sie öffnete ihre Wohnungstür und stand vor einem Meer aus Rosen. Sofort wusste sie, dass sie von ihm waren … Er hatte sie gefunden … Sie drückte den Knopf und eine winzige rote LED zeigte ihr den stummen Alarm. In dem Moment wünschte sie sich egal welchen ihrer Beschützer hier her. Doch in diesem Treppenhaus stand sie allein »Renn weg!«, flehte eine innere Stimme. Die Füße waren wie an betoniert. Der Schock hielt sie erstarrt. Alle Gedanken auf dem Weg hier her, sie wurden wahr. Dieser Alptraum endete nicht mit aufwachen. Er lief weiter.
Schwere Stiefel erklangen. In der Panik erkannte sie nicht, woher diese sich näherten. Sie entschied nicht, ob sie darauf zu oder davon wegrannte. Sie verharrte. »Ich vermisse dich so.«, stand auf einem der Ballons, die durch den Türrahmen auf sie zu schwebten. Das Herz schmerzte, als würde seine starke Hand nicht ihren Hals, sondern dort quetschen. Es zog sich zusammen, implodierte. Etwas zischte an ihrem Gesicht vorbei und schlug hinter ihr ein. Der Ballon war weg und eine Ladung aus Blut und Hirn spritzte in ihr Gesicht, bevor sie etwas von den Füßen riss.