Ein Satz eine Woche Challenge auf Insta #17

Er parkte seine Maschine vor diesem einsamen Café. Das mulmige Gefühl sackte ihm in die Knie. Der Helm in seiner Hand wollte zurück auf den Kopf. Sich weiter zu verstecken, erschien ihm vernünftiger. Mit dem restlichen Mut stopfte er ihn dann doch in den Koffer. Zwei tiefe Atemzüge. Seine Faust schloss den Türgriff ein. Die Tür quietschte. Seine Ankunft hörte jeder im Umkreis von 100 Metern. Die Luft, die aus dem Lokal entwisch, roch alt, tot und muffig. Auf was ließ er sich hier ein? Die Tür verstummte. Eine gespenstische Ruhe umgab ihn. Hier war niemand. Es stank nach Falle. Seine Schritte knirschten in die Stille.
Übertrieben cool hockte er sich auf den einzigen nutzbaren Barhocker. Dieses Lokal hatte schon bessere Zeit erlebt. Lost Places waren seine Leidenschaft. So weit verstand er die Wahl des Ortes. Doch wo blieb dieser Kerl? Die Kaffeemaschine sah nicht so aus, als würde ihr Genießbares zu entlocken. Die Regale waren längst geplündert. Hier würde er 5 Minuten warten, keine Sekunde mehr. Die Lederkombi knisterte beim Öffnen. Alles erschien in dieser Ruhe dreimal so laut. Doch die Schritte hinter seinem Rücken bekam er nicht mit.
Der kalte Stahl an seiner Kehle, erinnerte sofort an dieses Gefühl. Jenes, dass ihm vorhin zur Flucht riet. Er hatte es verbockt. Ein rosiger Duft stieg ihm in die Nase. Das war er nicht. Hatte er eine Killerin auf ihn angesetzt? Sein Hass flammte auf. Jede hastige Bewegung endete schmerzhaft oder tödlich. Er schluckte schwer und genoss das Adrenalin. Die Klinge rutschte gefährlich über seinen Adamsapfel. Er konnte seine Bartstoppeln rascheln hören. »Schönen guten Tag Brüderchen.«, raunte unbekannte Stimme in sein Ohr.
Er hatte keine Schwester. »Brüderchen?«, zitierte er rau. »Er hat dir nie von mir erzählt? Dann muss ich dich nicht umbringen, dafür, nie für mich dagewesen zu sein?« Erst jetzt fiel ihm auf, wie jung sie klang. Er konnte nichts erkennen. Seine behandschuhte Rechte legte sich um ihr Handgelenk und drückte die Klinge vom Hals. Das Klicken vor ihm hörte sich nach Schusswaffe an. Mit wenig Kraft hielt er die Hand. »Keine hastigen Aktionen!« Ihre Lippen waren nah an seinem Ohr. Er schielte auf das Metall in einer Kinderhand. Jeder Nagel war in einer anderen Farbe lackiert. Das erwartete Messer fehlte.
»Du bist nicht meine Schwester. Ich bin und bleibe Einzelkind.« Die Stimme gewann mit ihm die Kraft zurück. Überzeugte ihn selbst nicht. Zu lange war er weg. Doch wer hielt sich mit der Waffe im Verborgenen? War er das? Damals rühmte dieser Kerl sich für seine Cojones. »Wieso Tritts du wieder in unser Leben. Du zerstörst, was wir uns über Jahre aufgebaut haben.« Der Vorwurf in ihrer Stimme schmerzte ihn. »Das ist eine lange Geschichte.« – »Du hast mich 11 Monate in dem Glauben gelassen, du wärst tot. Ich habe Zeit.« Diese Worte klangen gebrochen, alt und aus allen Ecken. Er gab keinen Hinweis auf sein Versteck. »Komm raus alter Mann!« Wenn er eine Reaktion erwartete, so blieb diese aus.
Der Geruch von Kaffee stahl sich in seine Aufmerksamkeit. Auf einem frei gewischten Fleck standen zwei dampfende Tassen und Wasserflaschen. Sie hatte sich unbemerkt aus seinem Griff befreit. Seine Augen suchten den Versteckten. »Los erzähl, was treibt dich zurück in den Schoß der Familie?« Die bunt lackierten Nägel trommelten auf das rissige Holz der Theke. Er drehte sich ihr zu. Sein Kinn klappte auf, während er sie musterte.
Sie trug ein knappes Top und enge kurze Hosen. Definitiv kein Killeroutfit. Ihre Haare waren auf der einen Seite abrasiert und auf der anderen in einem lila, blauen Farbverlauf gefärbt. Was sie als Familienmitglied auswies, war das Muttermal am Hals und das Tattoo hinter dem freigelegten Ohr. »Er«, dabei zeigte sein Finger grob in die Richtung des Waffengeräusches: »hat mir eine Geschichte über meinen Urgroßvater erzählt. Leider ist mir diese in den Jahren verloren gegangen. Seit einigen Wochen suche ich ihn, da ich Details aus dieser Erzählung dringend benötige.«
Sie stand auf und schlich in die vorhin gezeigte Richtung. Ihr Gesicht ließ sie verborgen. Hörte er ein leises Schluchzen? Kaum verschwunden, hustete sie. Er trank den Kaffee. Was immer passierte, wach sein hielt er für wichtig. Sie kehrte mir einen Beutel zurück. Legte diesen vor ihm in den Staub. »Dein Vater starb, ohne mich je kennenzulernen. Er ist über eure Trennung nie hinweggekommen. Das hat ihn kaputt gemacht. Welchen Grund sollte ich haben, dir zu helfen?« – » Er hat Mutter getötet. Es war ein Unfall, aber …«, er hielt inne. »MEIN Vater?« Und genau mit dem Zerschellen der Tasse traf ihn die Erkenntnis wie ein Schuss.