Ein Satz eine Woche Challenge auf Insta #12

Diese Woche war wieder einSatzeineWoche Challenge. mit dem Plot: »Was würden deine Eltern dazu sagen?« »Eine Menge. Sie würden eine Menge sagen?« Ich habe mich mal an einer NA Szene probiert. Dem Feedback nach ist es so schlecht nicht geworden. Was meint Ihr? Ja, das Geschlecht hab ich wegen des ausklingenden #PrideMonth bewusst nicht festgelegt.

»Was würden Deine Eltern dazu sagen?«, las sie laut vor, bevor sie den Anhänger wieder auf meine Brust fallen ließ. Das Metall hatte ihre Körperwärme angenommen und doch war es die Bedeutung, die mir auf der Haut brannte. Ich trank den Shot aus. »Noch einen!«, verlangte ich trotzig. Sie zog die Augenbraue hoch. Sie brauchte nichts zu sagen, das miese Gefühl hatte mich sofort vereinnahmt. Ich rutschte auf der Decke hin und her. »Nur wenn Du mir die Geschichte dahinter erzählst.« Wie konnte sie das von mir verlangen? Widerwillig stimmte ich mit einem Nicken zu.
»Ich habe sie von meiner großen Schwester bekommen, kurz bevor sie in die Dritte Welt abgehauen ist.« Die Stimme wurde rau. »Also ich verurteile sie nicht dafür. Sie kam mit unseren Pflegeeltern nie wirklich klar.« Die erste Träne kämpfte sich in mein rechtes Auge. Der Kloß im Hals wuchs. Was suchte der dort? Über den Trennungsschmerz war ich hinweg. Sie würde irgendwann wieder kommen, mich holen. »Wie alt warst du da?« »Dreizehn einhalb.« Laut blies sie. »Uff, so jung?« Es lag so viel Mitgefühl in ihrer Stimme. Das Lagerfeuer zwischen uns knisterte. »Bitte!«, forderte ich sie auf. Mein Finger zeigte auf das Glas in ihrer Hand. Sie hatte es nur halb voll gegossen. Ich spürte, wie unwohl ihr dabei war. Trotzdem reichte sie es mir.
»Sie ist nun irgendwo in Südamerika. Hilft anderen Menschen und das finde ich gut.« Ich trank nur einen Schluck. Es half kaum. »Angeblich waren unsere Eltern auch so. Haben Flüchtlinge auf dem Meer eingesammelt. Bis ihr Schiff versenkt wurde.« Nun war kein Halten mehr. Die Schotten gingen auf und Tränen rannen mir über die Wangen. »Das wollte ich nicht. Das erklärt aber den Schmerz in ihren Werken.« »Was wissen sie als Reporterin denn schon? Was würden ihre Eltern dazu sagen? Sie bringen junge gebrochene Frauen zum Heulen, für was? Für eine gute Story oder nur eine Kolumne in irgend einer Randspalte?«, schluchzte ich. Es war nicht fair.
»Darum hasst man solche Interviews.« Sie nimmt mir das Glas weg und ich bereue jeden Schluck, den ich nicht getrunken habe. »Hey!« Mehr Gegenwehr hab ich im Moment nicht. Zu tief haben mich die Erinnerungen aus der Bahn geworfen. Umständlich hole ich ein Taschentuch aus der Hose und tupfe das Gesicht trocken. Die Augen brennen weiterhin. Doch das Wasser ist versiegt. Ich betrachte die Reste des Make-ups. Das Stück weißes Papier ist bunt. Mein Gegenüber beginnt Sachen umzuräumen. Das Feuer knackt, so das es die Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Es dauert einige Momente, in denen ich nur die Flammen bei ihrem Tanz beobachte. Diese Ruhe erdet mich. Die Fassung findet zu mir zurück. »Ich hätte oft eine große Schwester gebraucht. Doch sie rettet Menschen. Wie könnte ich ihr da sauer sein?«, flüstere ich traurig in die Glut. Mit ihrem Finger an meinem Kinn zieht sie mir den Kopf herum. Ich blicke in ihre großen braunen Augen. Ein wenig erkennt man die Kontaktlinsen. »Eine Menge. Sie würden eine Menge sagen?« Beantwortet sie die erste Frage. Die, an die ich schon nicht mehr gedacht habe.
Bevor sie mir den Kuss meines Lebens gibt. Ihre Lippen sind so warm. Ich spüre, wie die Knie weicher werden. Darum strecke ich die Beine aus. Ihr Duft steigt mir in die Nase. Damit der Kuss nicht gleich wieder ändert, greife ich in ihren Nacken. Ihr Haar fällt samtig um meinen Handrücken.